VERANTWORTUNG IM HANDWERK: WARUM FÜHRUNG MEHR IST ALS ALLES SELBST ZU MACHEN
Im Handwerk begegnet man häufig Führungskräften und Chefs, die sich selbst als Herzstück ihrer Firma sehen – quasi als Superman oder Superwoman des Betriebs. Sie sind die ersten, die morgens das Büro betreten, und die letzten, die es abends verlassen. Sie sind stolz darauf, jede Aufgabe selbst zu übernehmen, jede Entscheidung persönlich zu treffen, und bei jeder Herausforderung selbst zur Stelle zu sein. Diese Einstellung wird oft als vorbildlich wahrgenommen, als der Inbegriff von Einsatz und Engagement. Doch ich kenne einige solche Führungskräfte – und viele von ihnen erreichen irgendwann einen Punkt, an dem sie sich erschöpft, überfordert und alleine fühlen.
Vielleicht kennt ihr solche Aussagen: “Ich war der beste Handwerker und gleichzeitig der beste Marketer. Ich habe mein Handwerk perfekt beherrscht, darauf war ich stolz. Jedes Problem habe ich selbst gelöst. Aber irgendwann saß ich regelmäßig abends um 20 Uhr immer noch im Büro und fragte mich: ‘Was zur Hölle mache ich hier eigentlich?’ ”
Die Illusion des Kontrollfreaks
An der Oberfläche scheint dieser Führungsstil beeindruckend: Alles läuft über den Chef, der Chef weiß alles, alles hängt am Chef. Aber genau hier lauert die Gefahr. Diese Art, Führung zu gestalten, hat oft weniger mit Engagement und mehr mit Kontrollbedürfnis zu tun. Ein Chef, der überall eingreift, blockiert seine Mitarbeiter, erstickt Eigeninitiative und sorgt dafür, dass das gesamte Unternehmen von einer einzigen Person abhängig wird – nämlich sich selbst. Aber was passiert mit dem Betrieb, wenn der Chef mal krank wird? Oder mal Urlaub braucht?
Gute Führung bedeutet nicht, jede Verantwortung an sich zu ziehen. Im Gegenteil: Sie bedeutet, Verantwortung abzugeben. Vertrauen ins Team zu haben. Und darauf hinzuarbeiten, dass das Unternehmen auch ohne den Chef funktioniert.
Verantwortung vs. Überverantwortung
Natürlich heißt Führung immer auch Verantwortung. Als Chef stehe ich am Ende für alles ein – für den Erfolg genauso wie für die Fehler. Aber Verantwortung bedeutet nicht, alles selbst zu machen. Verantwortung bedeutet, ein Team zu haben, das motiviert, geschult und in der Lage ist, einen Teil dieser Verantwortung selbst zu tragen. Denn nur, wenn ich Aufgaben delegiere und vertrauen kann, kann ich auch den Raum schaffen, um strategisch zu führen, mein Unternehmen weiterzuentwickeln und nicht im Tagesgeschäft zu ersticken.
Die Gefahren des “Ich-mach-es-selbst”-Ansatzes
Wenn alles an einer Person hängt, dann ist das Unternehmen in einer gefährlichen Position. Denn irgendwann passiert es: Der Chef sitzt abends um 20 Uhr alleine im Büro und fragt sich, wie alles nur so kompliziert werden konnte. Sowohl körperlich als auch mental führt diese Art von Führung früher oder später zu Überforderung. Selbst der engagierteste Chef hat nur 24 Stunden am Tag und begrenzte Ressourcen. Wenn er oder sie diese ständig erschöpft, bleiben die langfristigen Ziele auf der Strecke.
Gute Führung heißt Vertrauen schaffen
Die besten Chefs, die ich kenne, haben eines gemeinsam: Sie vertrauen ihrem Team. Sie delegieren nicht nur Aufgaben, sondern auch Entscheidungsbefugnisse. Sie investieren Zeit und Energie darin, ihre Mitarbeiter so zu schulen und zu motivieren, dass diese eigenständig arbeiten können. Und sie wissen, dass sie keine Schwäche zeigen, wenn sie sich selbst aus dem operativen Tagesgeschäft ein Stück weit heraushalten. Im Gegenteil – sie schaffen damit die Grundlage dafür, dass das Unternehmen auch ohne sie funktioniert.
Fazit: Weg vom klassischen Einzelkämpfer, hin zur Führungskraft mit Weitblick
Verantwortung im Handwerk (und anderswo) bedeutet nicht, alles selbst zu machen – sondern die richtigen Menschen um sich zu scharen und ihnen die Chance zu geben, mitzuwachsen. Echte Führungskraft zeigt sich nicht in der Anzahl der Stunden, die ein Chef im Büro verbringt, sondern in der Fähigkeit, ein Team zu formen und zu motivieren, das eigenständig agiert. Am Ende sollte das Ziel immer sein, dass das Unternehmen auch dann erfolgreich bleibt, wenn der Chef mal einen Schritt zurücktritt.
Was denkt ihr: Wie schafft man den Spagat zwischen Verantwortung abgeben und trotzdem den Überblick behalten? Ich freue mich auf eure Gedanken und Erfahrungen in den Kommentaren – und teilt diesen Beitrag gerne, wenn er euch inspiriert hat!
Mit vielen Grüßen und immer gut gerüstet,
euer Dirk Eckart