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Allgemein / 1. Juni 2018

Regisseur im eigenen Lebensfilm

Regisseur im eigenen Lebensfilm

Ein Regiestuhl mit meinem Namen – dieses Requisit bringe ich gerne zu Vorträgen und Lesungen mit. Warum? Der Stuhl demonstriert eine Erkenntnis, die ich in der Retrospektive meines Lebens und meiner Arbeit gewonnen habe. Ich erkannte, dass ich zu jedem Zeitpunkt meines Lebens der eigene Regisseur in meinem Lebensfilm sein muss. Denn so wie ich hat jeder Mensch die eigene Zukunft in der Hand.

Die Fehler der Vergangenheit

Der 1. April 2001 stellte den Beginn meiner Eigenständigkeit dar. An diesem Tag kaufte ich als Gesellschafter und Geschäftsführer die Firma Gemeinhardt Gerüstbau Service GmbH. Recht schnell erkannte ich jedoch, dass zum Unternehmertum weit mehr gehört, als eine günstige Geschäftsgelegenheit.

Die unterschiedlichen Ziele der seinerzeit fünf Unternehmensgründer lagen zu weit auseinander, als dass sie sich unter einen Hut bringen ließen. So verließen nach und nach drei der Geschäftsführer die Firma, bis 2011 nur noch Walter Stuber und ich übrig blieben.

In dieser Zeit hatte das Unternehmen mit einem Geldausfall von 450.000 Euro zu kämpfen. Geld, das ich gegenüber der Bank und mir selbst verantworten musste. Ich hatte die Zügel schleifen lassen und stand vor der Entscheidung, entweder Insolvenz anzumelden oder die Regie zu übernehmen und mit einer Unternehmensneustrukturierung den Neustart zu wagen.

Der Neustart

Glücklicherweise haben Walter und ich uns damals für den Neubeginn entschieden, sowohl aus geschäftlicher, als auch aus persönlicher Sicht. Der schwierigste, aber zugleich auch wichtigste Schritt dabei war, die Zügel zu lockern und mehr Vertrauen in die Grundpfeiler des Unternehmens zu stecken.

Büro, Bauleiter, Kolonnenführer, Lagerarbeiter und Gerüstbauer bekamen mehr Selbstständigkeit im Ausführen ihrer Pflichten. Unsere Bauleitungen in Roßwein, Frankfurt und Braunschweig arbeiten nun größtenteils selbstverantwortlich und disponieren Baustellen und Personal eigenverantwortlich. Zusätzlich nimmt in Spitzenzeiten ein Dienstleister Telefonanrufe entgegen. So erfährt jeder Kunde die Wertschätzung, die ihm gebührt.

Ich hingegen musste lernen, das Geschehen aus dem Regiestuhl zu verfolgen und nur noch situationsbedingt einzugreifen. Als Vorteil ergab sich daraus ein gesteigertes Verständnis über die Vorgänge im Unternehmen, eine bessere Übersicht und eine höhere Achtung für die Leistung jedes einzelnen Mitarbeiters.

Mit der Familie im Rücken

Dankbar bin ich meiner Familie, die mich auch in der schwierigen Zeit voll und ganz unterstützte. Meine Kinder Suse und Hannes und meine Frau Ulrike steckten viele Entbehrungen ein. Sie verzichteten auf lange Urlaube in fernen Ländern zugunsten von Kurzurlauben mit Selbstversorgung.

Das volle Verständnis für die Vorgänge im Unternehmen bekam Ulrike wohl erst, als sie 2013 mit ins Unternehmen einstieg und seit sie die arbeitsintensiven Prozesse hautnah miterlebt. Umso mehr weiß ich seitdem zu schätzen, dass ihr davor das Vertrauen in mich für Ihre Unterstützung ausgereicht hat.

Aber diese Zeit ist gemeinsam überstanden und ich bin in der glücklichen Lage, mir wieder mehr Zeit für meine Familie nehmen zu können. Wie wichtig meine Familie und mein geschätzter Geschäftspartner sind, haben mir die harten Zeiten nach dem Neustart gezeigt. Auch als ich 2014 einen medizinischen Eingriff am offenen Herzen zu überstehen hatte, wusste ich die Firma in guten Händen und meine Familie im Rücken.

Fazit

Ohne gegenseitige Achtung, Vertrauen und Ehrlichkeit kann man keine ausgeglichene Familie haben und erst Recht kein Unternehmen führen. Darum ist es sinnvoll, in Leben und Arbeit auf diese Ressourcen zu bauen und die Regie im eigenen Lebensfilm zu übernehmen.

Dirk Eckart