Seit einiger Zeit geht in den sozialen Medien das Schlagwort “ToxicPositivity” um. Bei der toxischen Positivität handelt es sich um eine Lebenseinstellung, bei der nur positive Gefühle zugelassen werden. Anhänger dieser Lebenseinstellung unterdrücken und ignorieren konsequent alle negativen Gefühle. Zu erkennen sind die X (ehemals Twitter), TikTok und Instagram an dem Spruch “Good vibesonly” im Profil. Aber weshalb sollte Optimismus eigentlich toxisch sein? Schließlich fördert eine positive Grundeinstellung der Mitarbeiter das Betriebsklima. Und das ist doch das, was man als Chef gerne sieht.
Ein gesunder Optimismus ist auch nicht das Problem. Zwanghafter Optimismus der Mitarbeiter kann sich jedoch auch negativ auf den Betrieb auswirken. Nehmen wir als Beispiel die Planung von größeren Projekten. Diese unterteilen sich in der Regel in mehrere Teilaufgaben, welche von einem Team abgearbeitet werden müssen. Dabei ist es relativ normal, dass die einzelnen Teilaufgaben aufeinander aufbauen. Eine gute Planung würde eventuelle Probleme und mögliche Störungen beachten und diese in der Zeitplanung beachten. Ist der Optimismus zu groß, werden mögliche Probleme einfach ausgeblendet. Die Folge kann sein, dass das Team Termine nicht mehr halten kann. Für den Betrieb steht hier am Ende vielleicht sogar ein finanzieller Verlust zum Beispiel durch Konventionalstrafen oder Folgeaufträgen. Ganz zu schweigen von der Rufschädigung, dass Termine nicht eingehalten werden können.
Auch wenn man als Vorgesetzter gerne ein positives Klima im Team sieht, zu viel davon kann das Gegenteil bewirken. Mitarbeiter, die ständig alles Negative ausblenden können auf Dauer anstrengend. Nicht nur, weil von Ihnen keine Rückmeldung zu Problemen kommt, auf andere Mitarbeiter wirken sie häufig nicht autentisch. Und Mitarbeiter, die nicht autentisch wirken, erzeugen häufig Zweifel an deren Integrität. Wie bereits erwähnt ist ein gesunder Optimismus nicht falsch. Es kann für ein Team förderlich sein, wenn mindestens ein Mitglied bei Problemen die anderen Teammitglieder aufbaut. Hierbei sollte man jedoch autentisch bleiben und keine falschen Hoffnungen erwecken. Das hätte sonst den gegenteiligen Effekt und das Team wird womöglich noch weiter demotiviert. Also genau das, was man als Vorgesetzter nicht möchte.
Der Trend zur Toxic Positivity mag auf den ersten Blick verlockend sein. Er verspricht, dass man glücklicher sei, wenn man Negatives aus der Gefühlswelt ausblendet. Und im Grunde ist es ja eine positive Eigenschaft, wenn man nicht jedes Problem zu seinem macht. Allerdings sollte man diese Form der Positivität nicht in jeder Situation ausleben. Zumal es auch nicht wirklich autentisch ist, wenn negative Gefühle nicht zugelassen werden. Im beruflichen Umfeld kann es sogar schwierig werden, wenn Probleme in Lieferketten oder Produktionsprozessen ausgeblendet werden. Hier hilft es dann auch nicht mehr weiter, ob der Optimismus autentisch ist oder nicht.
Euer Dirk Eckart