Allgemein / 23. Dezember 2021

Nachwuchsmangel im Handwerk – wer ist schuld ?

Nachwuchsmangel im Handwerk

Handwerk und  Baubranche suchen dringend  Nachwuchs  – jetzt sind Unternehmen gefragt

“Guter Nachwuchs ist kaum noch zu finden.” Solche und ähnliche Kommentare findet, wer sich auf Facebook oder anderen Social-Media-Seiten im deutschen Handwerk umsieht. Wer schuld am Nachwuchs-Mangel beim Handwerk und in Unternehmen der Baubranche sei, darauf finden die Kommentatoren schnell eine Antwort. Doch ist das Zuweisen der Schuld wirklich so einfach?

Meinungen und Vorurteile in den sozialen Medien

Die Gründe für den Mangel an tatkräftigem Nachwuchs im Handwerk lägen in der schlechten Bezahlung und den harten Arbeitsbedingungen, behaupten einige Kommentatoren. Sie behaupten damit aber gleichzeitig, dass unsere Jugend nur auf das liebe Geld schaue und faul sei.

Politische und wirtschaftliche Herausforderungen

für Unternehmen der Baubranche machen andere Kommentatoren dafür verantwortlich, dass der Nachwuchs ausbleibt. Ja, wenn nach Abzug aller Steuern und Abgaben kaum noch etwas übrig bleibt, steigt das Risiko für die Unternehmen. Doch ist das wirklich nur im Handwerk so?

Ein dritter Punkt sei die erdrückende Konkurrenz durch die Industrie. Sie böte größere finanzielle Anreize und könne bessere Entwicklungschancen anbieten, vor allem jenen mit guten Zeugnissen. Warum schneiden Handwerker dann aber so viel besser ab, wenn sie nach der Job-Zufriedenheit befragt werden?

Die eigene Wahrnehmung

Meine persönliche Wahrnehmung fällt deutlich positiver aus. Der Nachwuchs in der Baubranche besteht aus Menschen und Menschen sind Individuen. Einige mögen aus Furcht vor harter Arbeit in einen Büro-Job flüchten, nur um dann über die eintönige Computerarbeit in stickigen Büros zu klagen – kein Thema für unsere Mitarbeiter auf den Gerüsten.

Die finanzielle Situation ist für alle Unternehmen schwierig, das haben Handwerk und andere Branchen gemein. Mit Einfallsreichtum, Wertschätzung und Mut zu ungewöhnlichen Gratifikationen kann ein Unternehmer dem Nachwuchs jedoch Anreize bieten, die oft den reinen Geldwert erheblich überschreiten. Mitspracherecht, Flexibilität bei Arbeitszeiten oder ein E-Bike zur privaten Nutzung – vieles ist möglich.

David gegen Goliath

Was die Jagd nach motiviertem Personal angeht, ist die Industrie seit jeher ein Konkurrent für das Handwerk. Der Nachwuchs steht bei seiner Suche nach einem Ausbildungs- oder Arbeitsplatz vor der sprichwörtlichen Qual der Wahl.

Industrie-Unternehmen versprechen den Auszubildenden gutbezahlte Jobs, mit Chancen auf Auslands-Praktika in internationalen Zweigstellen. Was sie dabei verschweigen, ist das Gefühl, nur ein Zahnrad in einer anonymen Maschinerie zu sein.

Gerade der persönliche, menschliche Kontakt in Handwerks-Unternehmen trägt für viele Handwerker jedoch maßgeblich zu Ihrer täglichen Zufriedenheit bei, wie Umfragen immer wieder zeigen. Hier liegt das große Potenzial mittelständischer Handwerks-Betriebe, die engagierten Nachwuchs auch abseits der Zeugnisnoten erkennen und zu schätzen wissen.

Frei und glücklich in der Baubranche

Kaum ein Handwerker in der Baubranche könnte sich vorstellen, seinen Job für einen Büro-Arbeitsplatz aufzugeben. Die Freiheit, welche mit dem Arbeiten mit den eigenen Händen und an frischer Luft verbunden ist, gibt uns das gute Gefühl, am Ende des Tages etwas geschafft zu haben.

Vielleicht täten wir besser daran, mit dem Meckern aufzuhören. Es gibt genug guten Nachwuchs, auch für die Baubranche. Es liegt jedoch an uns, die Stärken unserer Branche geschickter anzupreisen und neue Wege zu beschreiten.

Zur Beurteilung einer Qualifikation sind Zeugnisse wenig aussagekräftig. Im Schnupper-Praktikum und beim persönlichen Gespräch lernen beide Seiten schnell, ob sie zueinander passen – und mit etwas Mut findet sich dabei ein Weg, die eigene Begeisterung für das Handwerk auf den Nachwuchs zu übertragen.

Ihr Dirk Eckart

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