Der Kunde ist “eine Organisation oder Person, die ein Produkt empfängt”. So trocken und distanziert definiert die DIN EN ISO 9000:2005-12 die vielleicht wichtigste Säule eines Unternehmens. Das ist bedauerlich, denn jeder Kunde ist ein denkender und fühlender Mensch, der zurecht Verständnis erwartet. Bringt ein Unternehmen ihm dieses Verständnis entgegen, darf es sich über neue Aufträge und einen steigenden Umsatz freuen.
Jeder Kunde agiert nach seinen Emotionen und Bedürfnissen
Umsatz erhöhen, Aufträge ergattern und Kunden binden – Psychologen sind seit Jahrzehnten am Forschen, wie ein Kunde ”tickt” und welche Faktoren für seine Entscheidungsfindung maßgeblich sind. Erstaunlicherweise kaufen wir lange nicht so rational ein, wie wir denken. Egal ob wir an der Kasse stehen oder hoch dotierte Aufträge vergeben, auf der Schnäppchenjagd übernehmen unsere Urinstinkte und Emotionen das Ruder.
Psychologen reden von Verlustaversion, weil Verluste mehr schmerzen, als Gewinne Freude bringen. Sie reden von Kaufreue, wenn wir wichtige Informationen erst nach dem Kauf erfahren. Spontankäufe sind für die Spezialisten ungeplante Käufe, die aufgrund spontaner Impulse durch starke emotionale Reize erfolgen. Die Liste emotionaler Zusammenhänge mit der Kaufentscheidung ist zu lang, um alle Faktoren aufzuführen. Als Unternehmer müssen wir verstehen: jeder Kunde handelt emotional.
Über Verständnis zur Kundentreue
Woran denken Sie, wenn ich vom Gerüstbau spreche? Denken Sie an eine Leiter, dann habe ich wohl nur die Funktion beschrieben. Denken Sie hingegen an den Eiffelturm, dann habe ich für die Präsentation zurecht die Ingenieursleistung der Gerüstbau-Elemente, die architektonischen Herausforderungen bei der Planung und die Einsatzbereitschaft meiner fachkundigen Mitarbeiter hervorgehoben.
Kunden verlassen bei der Kaufentscheidung häufig das rationale Feld der Argumente und begeben sich in das Land der Emotionen. Hier müssen wir unsere Kunden begleiten. Wo Argumente nur schwer greifen, ebnet Verständnis den Weg. Einfühlsam gilt es jene psychologischen Werkzeuge auszuwählen, die dem Kunden seine Entscheidungsfindung erleichtert und sich positiv auf die Beziehung und den Umsatz auswirkt.
Durch geschicktes Preissplitting, also das Aufteilen in Einzelpositionen, lenken wir den Fokus von den Gesamtkosten hin zu den erhaltenen Leistungen. Mit einem Treueprogramm nutzen wir den Zielgeraden-Effekt (“Nur noch eine Bestellung, dann bekomme ich die Nächste umsonst.”). Mit frühzeitigen und fundierten Informationen vermeide ich Kaufreue und erziele Kauf-Rechtfertigung. (“Ich habe es gekauft, also ist es gut.”).
Kundenzufriedenheit ist wichtiger als Aufträge
Verständnis statt Umsatz-Denken – so will ich als Kunde behandelt werden und so sollte ich als Unternehmer agieren. Wo Geschäfte ihren größten Umsatz mit Quengelware an der Kasse und emotionalen Spontankäufen machen, bleibt beim Kunden oft ein ungutes Gefühl zurück.
Reagiere ich hingegen mit Verständnis und Einfühlungsvermögen auf die jeweilige Kundensituation, bekomme ich nicht nur die Aufträge, sondern auch einen zufriedenen und treuen Kunden, der mich gerne weiterempfiehlt. Wem würden Sie Ihre Aufträge lieber geben?
Ihr Dirk Eckart